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Kooperation | Nachhaltigkeit

Interview mit Alida Krüger und Andreas Hohls von der Stadttaubenhilfe Oldenburg

  • 01. August 2024 | Lisa Knoll
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Die Stadttaubenhilfe Oldenburg e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der sich für die Oldenburger Stadttauben einsetzt. Dazu zählen die Versorgung und Pflege kranker oder verletzter Tauben, ein Notfalltelefon, Eiertausch und vieles mehr. Nun soll im GSG-Gebäude an der Dr.-Virchow-Straße 16 ein Taubenschlag für die bereits ortsansässigen Tauben installiert werden. Was es damit auf sich hat, berichten Alida Krüger und Andreas Hohls vom Verein im Interview.

Warum ist der Taubenschlag ein so wichtiges Projekt?

Alida Krüger: Durch den Taubenschlag wird die Verschmutzung durch Taubenkot an Gebäuden, Plätzen und Straßen reduziert. Somit verbessert sich auch das Stadtbild. Hier können wir die Tiere artgerecht füttern, ihre medizinische Versorgung sicherstellen, Brutplätze kontrollieren und effizient die Eier austauschen, um so die Population der Tiere zu kontrollieren. Er hilft weiteres Tierleid zu verhindern, aber schwerpunktmäßig auch, um den Taubendruck auf die Menschen in Grenzen zu halten.

Stadttaubenhilfe-Oldenburg-eV

Alida Krüger und Andreas Hohls von der Stadttaubenhilfe Oldenburg e.V.

Wozu ist das Austauschen der Eier nötig?

Andreas Hohls: Tauben legen das ganze Jahr über sehr viele Eier. Das kommt daher, dass sie verwilderte Haustiere sind. Stadttauben sind Nachkommen der Felsentaube, die über Jahrtausende domestiziert wurden – zunächst für den Dünger, dann für den Fleischansatz und die Eier. Um davon profitieren zu können, haben die Leute früh angefangen, die Tiere auf eine schnelle Vermehrungsrate zu züchten, so wie bei Hühnern. Sie legen unnatürlich viele Eier. Heute brüten die Stadttauben ihre Eier aus und sorgen so für übermäßigen Nachwuchs. Um weiteres Tierleid zu verhindern, ist der Eiertausch wichtig. Wir suchen regelmäßig uns bekannte Brutplätze auf und tauschen frisch gelegte Eier gegen Gips-Attrappen aus, um die Taubenpopulation zu kontrollieren.

Stadttaube Ringeltaube Vergleich

SCHON GEWUSST...?

Was ist der Unterschied zwischen Stadttauben und Ringeltauben?

Stadttauben halten sich grundsätzlich in Stadtnähe auf und gehen nicht in ländlichen Gegenden auf Futtersuche. Ringeltauben hingegen sind Wildtiere und leicht zu erkennen, denn sie haben einen weißen Federkranz um den Hals. Die Ringeltaube, im Englischen auch „Wood Pigeon“ genannt, ist in bewaldeten Gegenden und auf Feldern zu finden. Man sieht sie oft auf Rasenflächen nach Futter suchen.

Alida Krüger: In der Innenstadt brüten Tauben gern in den Häusings, den kleinen Traufgassen zwischen den Häusern. Sie stammen von der am Mittelmeer beheimateten Felsentaube ab und haben den Drang, sich in felsige Nischen zu drücken. Unter Brückenelementen, die teilweise nur zehn Zentimeter breit sind, haben wir das gleiche Problem. Dort tauschen wir die Eier mithilfe einer großen Leiter aus. Wenn man die Zahl hochrechnet, sieht man, dass man pro getauschtes Ei ein Vielfaches dessen erreicht, was man in der Hand hat. Man hat nicht nur diese eine Weitervermehrung verhindert, sondern auch die endlos vielen weiteren, die darauf gefolgt wären.

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Eier hat das Team der Stadttaubenhilfe 2023 ausgetauscht. 2022 waren es sogar 2.250 Eier.

Wie ist die Zusammenarbeit mit der GSG entstanden?

Alida Krüger: Die GSG hat sich bei uns gemeldet, weil sie kleine Täubchen auf einem Balkon hatten und der Schädlingsbekämpfer nicht wusste, was er machen soll. Da waren wir natürlich zur Stelle. Denn so erarbeitet man sich Vertrauen.

Andreas Hohls: Wir haben besonders der Firma Stark zu danken, die die Schädlingsbekämpfung übernommen hat. Die Mitarbeitenden haben versucht, die Tauben mit viel Lärm zu verscheuchen, waren aber nur bei der Hälfte der Tiere erfolgreich. Schließlich haben sie gesagt: „Wir glauben, da müssen Taubenleute ran“. So nahmen die Dinge ihren Lauf.

Wie hat die Stadttaubenhilfe Oldenburg e.V. sich seit ihrer Gründung entwickelt?

Alida Krüger: Der Verein wurde im Februar 2019 gegründet. Gerade haben wir also unser fünfjähriges Bestehen gefeiert – ein wichtiger Meilenstein für uns! Mittlerweile zählen wir fast 50 Mitglieder, die unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Einige sammeln und tauschen die Eier in der Innenstadt oder unter den Autobahnbrücken, andere kümmern sich um die Fütterung der Vögel. Es gibt auch Personen, die Pflegestellen führen und sich um kranke oder verletzte Tauben kümmern. Wichtig ist: Jede einzelne Rolle trägt zum Gesamtprojekt und damit zum Schutz der Tiere bei!

Taubenloft-Eieraustausch

Obwohl es schützenswerte Tiere sind, gibt es ihnen gegenüber viele Vorurteile, oder?

Andreas Hohls: Das stimmt leider. Viele Menschen assoziieren Tauben mit Krankheiten und Unsauberkeit. Wir mussten viel Vertrauen bei den Entscheidungsträgern aufbauen, um zeigen zu können, dass wir verantwortungsvolle und ordentliche Arbeit leisten. Gerade bei einem unbeliebten Thema wie den Stadttauben ist es wichtig, sich als vertrauenswürdige Organisation zu präsentieren.

Alida Krüger: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Erreger von einer Taube auf einen Menschen überspringt, ist sehr gering. Während der Vogelgrippe mussten beispielsweise alle Hühnerhalter:innen ihre Hühner einschläfern, Taubenhalter:innen hingegen waren davon nicht betroffen. Man stellte fest, dass Tauben die Vogelgrippe zwar bekommen können, aber nicht weiterverbreiten. Also übertragen Tauben tatsächlich weniger Krankheiten als oft angenommen wird. Die Wahrscheinlichkeit, sich an einer Taube zu infizieren, ist geringer als bei Hunden oder Katzen oder während einer Fahrt in einem vollbesetzten Bus.

Noun pigeon 04

Gut zu wissen …

Viele Menschen denken, Stadttauben könnten sich selbst versorgen, aber das ist falsch. Sie finden im Stadtzentrum nur minderwertiges Futter, wie Essensabfälle von Fast-Food-Restaurants, wodurch sie krank werden. So entsteht der von uns Menschen verhasste, aggressive Taubenkot. Das Problem ist also menschengemacht.

Mehr Futter führt zu mehr Eiern? Stimmt nicht! Die Eierrate ist genetisch bedingt. Eine vernünftige Ernährung der Tiere sorgt lediglich dafür, dass sie gesünder sind und ihr Kot weniger Schaden anrichtet.


Andreas Hohls: Eines unserer Ziele ist es, mit den Vorurteilen gegenüber Tauben aufzuräumen. Deshalb ist es für uns sehr wichtig, dass Organisationen wie die GSG uns unterstützen, indem sie Informationen über unsere Arbeit verbreiten. Das hilft uns, neue Freiwillige zu erreichen. Selbst wenn nur eine, zwei oder fünf Personen neu dazukommen, ist das ein großer Gewinn für uns.

Wie kann man denn Mitglied bei der Stadttaubenhilfe werden und sich engagieren?

Alida Krüger: Alle, die Interesse haben, können sich bei uns melden. Es gibt jede Menge Möglichkeiten, sich einzubringen. Eine davon ist zum Beispiel das sogenannte „Taubentaxi“. Das bedeutet, dass man Tauben, die gefunden werden, einsammelt und zu einer Pflegestelle oder einer tierärztlichen Praxis bringt. Es kommt häufig vor, dass Leute Tauben finden, diese aber nicht anfassen oder ihnen nicht zu nahe kommen wollen. Deshalb brauchen wir immer Leute, die bereit sind, mit einem Kescher loszuziehen und die Tauben einzufangen. An dieser Stelle ist es natürlich wichtig, mobil zu sein, um die Tiere transportieren zu können.

Andreas Hohls: Durch meine langjährige Erfahrung im Tierschutz weiß ich, dass die Bereitschaft oft abnimmt, wenn es um Verbindlichkeit geht. Es ist schwierig, Menschen zu finden, die regelmäßig nach Plan losfahren und alle 14 Tage die Reviere betreuen, sei es in der Innenstadt oder unter den Autobahnbrücken.

Alida Krüger: Das stimmt leider. Viele neue Mitglieder machen einen Monat lang mit, werden dann aber schnell müde und verlieren die Lust. Die Verantwortung bleibt oft an den langjährigen Mitgliedern hängen. Deshalb freuen wir uns über alle, die an einer langfristigen Mithilfe bei der Stadttaubenhilfe Oldenburg interessiert sind. Einfach anrufen oder eine Mail schreiben!

KONTAKTKASTEN

Weitere Informationen zur Arbeit der Stadttaubenhilfe Oldenburg finden Sie unter www.stadttaubenhilfe-oldenburg.de.

Sie haben Interesse, sich ehrenamtlich für die Stadttauben zu engagieren?
Schreiben Sie eine E-Mail an info@stadttaubenhilfe-oldenburg.de

Sie haben eine kranke oder verletzte Taube gefunden?
Melden Sie sich telefonisch unter 01520 5696112 oder 01523 7759729.

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© ROBERT BIELA PHOTOGRAPHY

© Stadttauben: Savushkin von Getty Images Signature | Ringeltaube: Jokerbee12 von Gettyimages

© DJH Jugendherbergen im Nordwesten